Inhalt

  1. Lernfilme
  2. Einleitung
  3. Soziale Spannung und Kriegsbegeisterung
  4. Imperialismus und Furcht vor Deutschland
  5. Die Donaumonarchie, die Russen und die Serben
  6. Ein Thronfolger, ein Nationalist und eine Pistole – et voilà
  7. Epochenjahr 1917
  8. Endgültige Niederlage
  9. Resultat des Krieges
  10. Der Vertrag von Versailles
  11. Die Ziele der Entente-Mächte
  12. Übungen
    1. Aufgabe 1
    2. Aufgabe 2

Lernfilme

Ursachen des Ersten Weltkrieges
Verlauf des Ersten Weltkrieges

Einleitung

Der Erste Weltkrieg eröffnete den damaligen Menschen den Blick auf die lange Zeit verborgenen Abgründe ihrer Natur. Dieser Krieg kostete das Leben von rund 10 Millionen Soldaten, zerstörte weite Landstriche, vernichtete Werte – kurz: das Leben einer Generation wurde zunichte gemacht, weitere Generation büssten Jahrzehnte später für die Schuld ihrer Väter und Mütter. Militärische Sperrgebiete aufgrund der Verminung, zerstörte bis heute nicht wiedererbaute Dörfer, seltsam bucklige Landschaften und hundertausende von einfachen Holzkreuzen zeugen noch heute vom Wahnsinn anfangs des 20. Jahrhunderts. Der Gipfel der Absurdität war jedoch die Unfähigkeit der damaligen politischen Führungen in Europa, ein Ziel oder nur einen einzigen plausiblen Grund für diese mörderischen vier Jahre zu nennen. Sie liess der militärischen Führung, die Jahrzehnte lang nach einer bedeutungsvollen Aufgabe zwecks Profilierung gewartet hatte, freie Hand in der Kriegführung. Nicht mehr eingeengt von der zivilen Führung der Länder, schöpften die Heeresleiter das volle Potential aus. In allen Ländern drängte die militärische Führung in allen Bereichen des Lebens die Regierungen zurück. In der Vernachlässigung ihrer Verantwortung tragen die Regierungen in den kriegsführenden europäischen Ländern einen gewichtigen Teil der historischen Schuld.

Die Ursachen sind vielfältig. Wir gehen hier nur auf ein paar wichtige ein – gleichsam ein Tour d’horizon.

Soziale Spannungen und Kriegsbegeisterung

Es sollte ein verheissungsvolles Jahrhundert werden, ein Jahrhundert der friedlichen Nutzung der Technik und der toleranten Koexistenz der Völker. Die Schriften eines Jules Vernes z. B. strotzen vor lauter Technikoptimismus. In der Tat stieg in Europa der Wohlstand. Die BIPs der einzelnen Länder verzeichneten flotte Zuwachsraten. Die ungleiche Verteilung des erworbenen Reichtums erhöhte aber auch die sozialen Spannungen in den Ländern – vornehmlich in Deutschland. Das Aufkommen und Erstarken der Sozialdemokratischen Partei und der Gewerkschaften beobachtete die Regierung des Deutschen Reiches mit Argwohn. Protestwellen und Streiks der Arbeiterschaft erschütterten das Land. Das Deutsche Reich stand vor einer Zerreissprobe: Die Industrialisierung schritt mächtig voran. Der Standort Deutschland war in der Technologie Weltspitze. Gleichzeitig jedoch bestand immer noch die alte hierarchische Ordnung von Kaiser, Adel und Volk. Spezialisten: ja, politische Teilnahme oder gar liberale Umgestaltung der Gesellschaft und des Staates: nein! – Dieses Dilemma löste Frustrationen aus, denn der wirtschaftlichen Dynamik standen eine politisch-gesellschaftliche Bewegungslosigkeit und eine Abschottung von Oben nach Unten gegenüber. Frustrationspotential hatte auch der gewaltige Deutsche Militärapparat bereit. Einerseits war die Gesellschaft massiv militarisiert – wer sozial aufsteigen wollte, musste im Militär vorankommen -, andererseits war die Armee in der Friedenszeit zur Untätigkeit verdammt. Insofern werteten die jungen Menschen in Deutschland den Kriegsausbruch 1914 wie einen Befreiungsschlag aus der politisch-gesellschaftlichen Lethargie.

Doch auch der Nationalismus heizte die Kriegsbegeisterung an. In den Wirren der Napoleonischen Kriegen als die deutschen Länder des 1806 untergegangenen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation von französischen Truppen bedroht wurden, keimte im Abwehrkampf die ersten nationalen Gefühle. Gestärkt wurden sie, als viele deutsche Fürsten 1813 in der Proklamation zu Kalisch versprachen, dass sie der Einführung von politischen Rechten und einer Verfassung zustimmen würden, sollte die Deutsche Bevölkerung nochmals gegen die Heerscharen Napoleons antreten und siegen. Die Forderung wurde erst in den 1870er Jahren teilweise erfüllt. Doch 1913 gedachten nationalistisch eingestellte Gruppierungen des zum Mythos erhobenen Aufrufs von 1813 zum nationalen Abwehrkampf gegen Frankreich. Wie sehr der Begriff „Nation“ in Deutschland mit Expansion verbunden war, zeigt das Gedicht „Was ist des Deutschen Vaterland“ von Moritz Arndt aus den 1830er Jahren. Laut ihm gehören letztlich alle deutschsprachigen Gebiete Europas zum „Deutschen Vaterland“.

Imperialismus und die Furcht vor Deutschland

Die freie Jagd nach den weissen Flecken auf der Weltkarte und der Errichtung von Kolonien wich gegen Ende des 19. Jahrhunderts langsam aber sicher einem Nullsummenspiel, denn wenn zwischen den vornehmlich europäischen Weltmächten aufgeteilt ist, kann nur noch gewonnen werden, was der andere verliert. Da Krieg jedoch immer noch als legitimes Mittel der Diplomatie galt, wuchs die Furcht vor gewaltsamen Umverteilungen der kolonialen Gebiete. Misstrauen machte sich breit.

Otto v. Bismarck (Quelle: https://www.dorotheum.com)

Diese Furcht wurde durch eine grosse machtpolitische Umwälzung in Europa noch zusätzlich genährt. In den Jahren 1870/71 liess der geniale preussische Kanzler Otto v. Bismarck nach dem Sieg über Frankreich in Versailles die Gründung des Deutschen Kaiserreiches verkünden. Aus einer Ansammlung lose zusammenhängender Kleinstaaten erwuchs ein geeinter grossterritorialer Nationalstaat. Das sorgsam gehütete Mächtegleichgewicht aus der Zeit des Wiener Kongresses von 1815 wurde aus den Angeln gehoben. Sich der damit verbundenen Ängste des Auslands bewusst, führte der zum Reichskanzler erhobene Bismarck eine auf Neutralität bedachte Aussenpolitik, die weitgehend auf Aggressionen verzichtete – so auch auf Kolonien. Ziel war es, Deutschland in die Position einer ausgleichenden Kraft zwischen den Streithähnen[1] England und Russland zu bringen, während der Erzfeind Frankreich in der Isolation gehalten wird. Das feine diplomatische Netz wurde mit einer Vielzahl von Defensivbündnissen und Wirtschaftsverträgen insbesondere zu Russland gesponnen.

Doch 1890 änderte sich jäh die Situation. Der junge Kaiser Wilhelm II. wollte selber regieren – und zwar

Willhelm II. (Quelle: Deutsches Bundesarchiv)

ohne den aus seiner Sicht lästigen Berater Otto v. Bismarck. Wilhelm wollte eine prestigeträchtige Grossmachtpolitik betreiben und entliess Bismarck. Doch damit nahm die Frucht vor Deutschland stetig zu. Als erstes erneuerte Wilhelm die abgelaufenen Verträge mit Russland nicht mehr und verbündete sich mit Österreich-Ungarn – ein folgenreicher Schritt. Die Regierungen in Wien und in St. Petersburg versuchten beide mehr Einfluss auf dem Balkan zu gewinnen und standen deshalb in einem schwelenden aber noch nicht ausgebrochenen Konflikt zu einander. Ob der kurzsichtigen Entscheidung Wilhelms II. brüskiert, suchte der Zar Nikolaus II. sich demensprechend eine Alternative: Frankreich. Die deutsche Heeresführung witterte Morgenluft. Will der Deutsche Kaiser Grossmachtpolitik betreiben, muss er in die Armee investieren. Die Heeresleitung durfte sich also auf ein höheres Budget freuen. In der Admiralität erkannte Graf von Tirpitz diese Chance. Er erklärte dem Kaiser unumwunden, dass eine erfolgreiche Kolonialpolitik nur mit einer starken Flotte zu bewerkstelligen sei. Ein ambitiöses Kriegsflottenprogramm nahm seinen Anfang. Mit Argwohn nahm die englische Regierung davon Kenntnis, glaubte hinter dieser Aufrüstung einen Angriff auf die britische Seeherrschaft zu erkennen und forcierte ihrerseits den weiteren Ausbau der Flotte. Ein regelrechter Rüstungswettlauf nahm seinen Anfang.

Vor diesem Hintergrund wird es verständlich, warum sich London und Paris im Fall Fashoda ohne Krieg einigen konnten. Die Deutschen Expansionsgelüste auch in Richtung Marokko und ganz Nordafrika (Einflusszonen von England und Frankreich) gepaart mit einer gewaltigen Aufrüstung trieben Paris und London letztlich in ein Defensivbündnis gegen Deutschland – die Entente Cordiale. Da zwischen Frankreich und Russland schon Bündnisse bestanden, war der nächste Schritt zur Triple Entente kurz. Diese Konstellation rief in Deutschen Regierungs- und Militärkreisen Furcht hervor – Furcht vor einem Angriff. Wie wir seit den 1970er Jahren wissen, plante die Deutsche Heeresleitung bereits Jahre vor Kriegsausbruch einen Präventivkrieg, um diese Umkreisung sprengen zu können. Der so genannte „Schlieffenplan“ ist ein solches Planspiel der Militärs. Mit diesem Plan soll ein drohender Zweifrontenkrieg vermieden werden, indem die deutsche Wehrmacht zuerst durch einen schnellen Vorstoss über das neutrale Belgien nach Frankreich die Regierung in Paris zur Kapitulation zwingt, um hernach das sich nur langsam mobilisierende Russland vorzuknüpfen. Dass England als Schutzmacht Belgiens Deutschland den Krieg erklären würde, hielt Herr v. Schlieffen für unwahrscheinlich. Die 38cm-Geschütze der deutschen Kriegsflotte sollten seiner Meinung nach die Kriegslust der Engländer genügend zu dämpfen vermögen.

Die Donaumonarchie, die Russen und die Serben

Seit jeher eng mit Deutschland verbunden war das Kaiserreich Österreich. Die prunkvolle Herrlichkeit der Wiener Hofburg stand im Gegensatz zur bröckelnden Macht des Reiches. Den Habsburgern ist es nie gelungen aus dem Vielvölkerstaat einen zentralistischen Nationalstaat zu gründen – zu gross waren die nationalistisch motivierten divergierenden Kräfte der einzelnen Völkerschaften. So konnte sich Ungarn 1867 durchsetzen, dass es einen eigenen Status im Reich erhielt. Ab da war Kaiser Franz-Joseph II. von Österreich auch noch König von Ungarn. Der Habsburger versuchte einerseits sein Reich zusammen zu halten, andererseits es gegen Osten zu erweitern. Denn es gab noch einen schwächeren Vielvölkerstaat – das Osmanische Reich. Dieses erstreckte sich von der heutigen Türkei über Ägypten bis auf die arabische Halbinsel. Trotz seiner Grösse war der einstige Riese nur noch ein alter lahmer Mann – der „Alte Mann am Bosporus“, wie er genannt wurde. Doch nicht bloss die Donaumonarchie war an den Leckerbissen dieses verfaulenden Staatsgebildes interessiert, sondern auch Russland. Es spielte sich als die Schutzmacht aller slawischen Völker auf (Panslawismus), wollte jedoch nur seinen Einfluss erhöhen. Ein grosser Zankapfel bildete das Königreich Serbien. Erneute Versuche seitens Wien, Serbien mit Lockungen oder mit Gewalt für sich zu gewinnen, verschlechterte die diplomatischen Beziehungen mit Russland.

Ein Thronfolger, ein Nationalist, eine Pistole – et voilà

1914 ging Franz Ferdinand – der Thronfolger der Donaumonarchie – auf „Promotour“, um die Völkerschaften auf Wien einzuschwören. Eine wichtige Etappe war Sarajevo. Doch im Königreich Serbien regte sich untergründig Widerstand. Eine nationalistisch eingestellte Gruppe mit Namen „Schwarze Hand“ wollte für Serbien die dauerhafte Selbstständigkeit. Sie beschloss, mit einem Attentat auf den Thronfolger ein Zeichen zu setzen. Gabrielo Princip war derjenige, der als Attentäter in die Geschichte einging.

Der alte Kaiser Franz-Joseph I. witterte im gewaltsamen Tod seines Thronfolgers die Chance, Serbien in einer Art „Notwehrhandlung“ einverleiben zu können. Das Ultimatum an die serbische Regierung war entsprechend formuliert. Es beinhaltete nicht nur die Aufklärung des Attentats, sondern insbesondere auch harte Forderungen, die tief in die Souveränität Serbiens eingriffen. Dass Wien den Krieg zwingend wollte, liess sich schon daran erkennen, dass der österreichische Diplomat nach Übergabe des Ultimatums an seinen serbischen Amtskollegen sogleich die Koffern packte und abreiste.

Was machte Wien so sicher, dass es einem Krieg gegen Serbien und womöglich auch gegen die Schutzmacht Russland siegreich überstehen könnte? Die notwendige Rückendeckung hatte sich die österreichische Diplomatie beim Deutschen Kaiser Wilhelm II. geholt. Mit dem so genannten Blankoscheck verpflichtete sich Berlin Wien in jedem Falle militärische Unterstützung zu gewähren. Dies war ein entscheidender Fehler Wilhelms, was er erst beim Ausbruch des Krieges langsam begriff.

Im August 1914 erklärte Wien Serbien den Krieg, was wie vorhergesehen Russland auf den Plan brachte. Berlin – anfangs etwas skeptisch – eilte dem Bundesgenossen Österreich zu Hilfe. Doch dann entglitt den Zauberlehrlingen in Wien und Berlin die Entscheidungsgewalt über den Krieg. Kaiser Franz-Joseph glaubte einen zeitlich und räumlich begrenzten Krieg führen zu können. Doch die Defensivbündnisse fingen an, ihre unheilvolle Wirkung zu entfalten. Da Deutschland Österreich zu Hilfe eilt und Russland den Krieg erklärt, muss Frankreich als Bündnispartner der Triple Entente nun seinerseits Deutschland den Krieg erklären. Da kein anderer Plan zur Verfügung stand, vertraute Berlin auf den Schlieffenplan. Der Durchmarsch der deutschen Wehrmacht durch Belgien blieb nicht ohne Folgen. London erklärte Deutschland den Krieg.

Damit begann ein mörderischer Krieg, der ursprünglich nur der territorialen Erweiterung der Donaumonarchie dienen sollte. Zauberlehrlinge, die das entfesselte Inferno nicht mehr beherrschten…

Epochenjahr 1917

England hat bereits zu Anfang des Krieges Deutschland durch Seeblockaden am Import von kriegswichti-gen Gütern wie Kautschuk und Salpeter gehindert. Die Engpässe konnten notdürftig durch eine rigoros durchgeführte Zentralsteuerung der gesamten deutschen Volkswirtschaft überwunden werden. Der obersten deutschen Heeresleitung (OHL) gelang es nicht, mit der eigenen Flotte die englischen Seestreitkräfte zu vernichten. Insofern war der enorme Aufbau der deut-schen Flotte unter Willhelm II. eine komplette Fehlinvesti-tion. Um die Lieferungen aus den USA an die Ententemacht England zu verhindern, setzten die OHL auf den uneinge-schränkten U-Bootkrieg. Nicht nur Kriegsschiffe, sondern auch US-Handels- und gar Passagierschiffe ge-rieten ins Visier der Torpedos, sofern nur der Verdacht bestand, dass kriegswichtige Güter geladen waren. Die Abschüsse von Schiffen mitsamt amerikanischen Staatsbürgern war den USA bald einmal zu viel. 1917 erklärte die ehemalig neutrale USA den Mittelmächten den Krieg. Weitere Gründe für diesen Ent-scheid waren aber auch das wirtschaftlich immer enger werdende Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und den Ententemächten sowie die Abneigung gegenüber den alten feudalistischen Strukturen des Deutschen Reiches und Österreich-Ungarns.
Vorerst war der Eintritt der USA für die Mittelmächte nicht weiter schlimm, denn aufgrund der russischen Revolution im gleichen Jahre 1917 und des anschliessenden Friedensvertrags von Brest-Litowsk zwischen den Mittelmächten und der russischen Revoluti-onsregierung, brach die Ostfront in sich zusammen. Die gesamte Ukraine geriet unter deutsche Herrschaft. Nun konnten einige deutsche Divisionen in den Westen verlagert werden. Die prekäre Versorgungslage in Deutschland entspannte sich ein wenig dank den enormen Konfiskationen in der Uk-raine. In der Frühjahrsoffensive des Jahres 1918 versuchte die OHL die englisch-amerikanisch-französischen Stellungen im Westen zu durchbrechen und endlich diesen zermürbenden Stellungskrieg zu beenden. Der Angriff blieb stecken. Für weitere Offensiven waren die deutschen Streitkräfte zu erschöpft, so dass fortan die Ententemächte zum Angriff bliesen und mit frisch importierten Tanks (Panzer) die deut-schen Linien immer mehr eindrückten. Die Niederlage war nur noch eine Frage der Zeit.
Das Jahr 1917 wird gemeinhin als Epochenjahr tituliert, weil zum einen die USA zum ersten Mal aktiv und gestaltend ins weltpolitische Geschehen eingriffen und zum anderen sich aus der russischen Revolution die Sowjetunion bildete und somit der Grundstein für die spätere Bipolarität der Welt gelegt wurde.

Endgültige Niederlage

Die enorme Übermacht der Entente-Streitkräfte und der Einsatz von Panzern, welche erstmals die Über-windung von Schützengräben ermöglichten, drückten die deutschen Linien zunehmend ein. Die Lage der Mittelmäch-te war katastrophal. Österreich-Ungarn stand vor dem Zu-sammenbruch. Dem Osmanischen Reich erging es nicht besser. Der Chef der OHL im Deutschen Reich, General Ludendorff – ein Kriegstreiber schlechthin – sah am 29. No-vember 1918 keine Alternative mehr als die Bitte um Waf-fenstillstand. Die OHL und die zivile Führung beriefen sich auf die so genannten „Vierzehn Punkte“ des US-Präsidenten Wilson, denn diese sahen einen Frieden oh-ne Gebietsabtretungen und Kriegskostenentschädigungen vor. Getrieben von Ideen der Aufklärung wie Demokratie, Selbstbestimmungsrecht der Völker und allgemein die Förderung des Wohls aller Menschen wollte der Demokrat Wilson mit seinen „Vierzehn Punkten“ eine Grundlage für einen dauerhaften Frie-den in Europa schaffen. Einen kleinen Schönheitsfehler besass diese Strategie jedoch: Wilson forderte ein Europa der Demokratien, in welches das Kaiserreich Deutschland einfach nicht hineinpasste (was natürlich auch für die Donaumonarchie galt).
Am 28. Oktober erhielt die deutsche Hochseeflotte den Befehl zum Auslaufen. Sie sollte den Entente-mächten nicht ausgeliefert werden, sondern ehrenvoll im Kampfe gegen die britische Flotte noch einmal siegen oder sinken. Den demoralisierten Matrosen ging dies zu weit. Sie wollten nicht ehrenvoll „ins Gras beissen“ und meuterten. Der Aufstand weitete sich auf die Hafenstädte aus. Der Krieg sollte laut den Aufständischen endlich beendet werden. Der Aufstand nahm die Ausmasse einer Revolution an und rück-te politisch gesehen immer weiter auf die linksradikale Seite ab. Das Deutsche Kaiserreich – gegründet 1871 – brach in diesen Tagen wie ein Kartenhaus zusammen. Kaiser Wilhelm II. entzog sich der Verant-wortung und floh in die Niederlande. Aus den Trümmern des Kaiserreiches entstieg die Weimarer Repub-lik.

Resultat des Krieges

Wenn überhaupt von einem Resultat des Krieges gesprochen werden kann, so lässt es sich für den Ersten Weltkrieg folgendermassen darstellen:

Die USA gingen als grösster Gläubigerstaat gestärkt aus dem Krieg hervor. Insofern begründete der Erste Weltkrieg die zukünftige Weltmachtstellung der Vereinigten Staaten. Die alten Weltmächte Grossbritan-nien und Frankreich waren unter den Siegermächten die grossen Verlierer. Grossbritannien verlor auf-grund riesiger Schulden bei den USA seinen Status als Finanzzentrum der Welt und das Kolonialreich be-gann in seinen Grundfesten zu wanken. Frankreichs Weltreich geriet ebenso ins Wanken.

Der Vertrag von Versailles

Schon einmal trafen sich die europäischen Staatsoberhäupter zu Friedensverhandlungen nach einem grossen Krieg – 1815 in Wien. Damals ging es in den Verhandlungen um eine gute Neuordnung Europas – ohne grosse Reparationszahlungen, Landwegnahme oder sonstige Vergeltungsmassnahmen. Am Ver-handlungstisch war auch die unterlegene Partei Frankreich vertreten. 1919 sollte auf Drängen der europä-ischen Siegermächte die Neuordnung Europas in Paris stattfinden (Über Deutschlands Schicksal wurde in Versailles verhandelt) und zwar ohne Beisein der deutschen Delegation. Bereits von Anfang an ging es dem französischen Präsidenten Clémenceau und dem englischen Premierminister Lloyd George nur um eine grösstmögliche Demütigung des Feindes Deutschland, dessen zukünftige Unfähigkeit zur Kriegsführung und die Herauspressung von genügenden Repara-tionszahlungen, um die eigenen Kriegs-kosten decken zu können. Gerade um Englands weltpolitische Geltung stand es damals sehr schlecht. Aus dem einstigen Finanzzentrum war ein Milliardenschuld-ner bei den USA geworden. Die einzelnen Siegerstaaten feilschten um jedes Stück, dass zwecks Demütigung und Reparation aus dem Kuchen Deutschland herausge-schnitten werden sollte. Aufgrund der antideutschen Stimmung in England und weil Lloyd George um seine Wiederwahl fürchtete, spielte er in Versailles den knallharten „Deutschland-Fresser“. Clemenceau sah in der möglichst harten Behandlung Deutschlands die Garantie, dass zum einen von diesem Land keine Gefahr mehr für Frankreich ausging und zum anderen die glorreiche „Grande Nation“ wieder die erste Geige im europäischen Konzert spielte. US-Präsident Wilson war resolut gegen dieses Gefeilsche. Er hielt nichts von der kurzfristigen Bereicherung an einem unterlegenen Feind, sondern wollte ein friedliches Europa und eine friedliche Welt als Ganzes schaffen. Dazu setzte er die Gründung des Völkerbundes durch. Viel mehr erreichte er in Versailles nicht und reiste darum frustriert ab, um die beiden Häuser des amerikanischen Kongresses zur Ratifizierung des Völkerbundes zu bewegen, was ebenfalls nicht gelang. Die USA blieben somit ausserhalb des Völkerbun-des, was dessen Prestige und Funktionsfähigkeit arg beeinträchtigte.
Mit der These des Versailler Vertrages von der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands rechtfertigten die beiden europäischen Hauptsiegermächte England und Frankreich riesige Reparationszahlungen. Sie ver-langten von Deutschland die enorme Summe von 269 Milliarden Goldmark. Ausserdem mussten sämtliche Schiffe abgegeben, das stehende deutsche Heer auf 100’000 Mann verringert und Gebietsabtretun-gen durchgeführt werden. Bereits damals gab es in Europa kritische Stimmen. John Maynard Keynes, Wirtschaftsprofessor an der University of Cambridge, fand den Versailler Vertrag eine Ausgeburt der Dummheit. Er führte in seinem Buch „Die ökonomischen Folgen des Friedensvertrages“ aus, dass sich Frankreich und England volkswirtschaftlich selber schaden, wenn sie Deutschlands Wirtschaft derart schwächen. Der grösste Abnehmer englischer und französischer Exporte war vor dem Krieg Deutschland.
Als der Versailler Vertrag den Deutschen bekannt gemacht wurde, ging ein Sturm der Entrüstung und Empörung durch Deutschland. Die Friedensbedingungen wurden als viel zu hart und ungerecht angese-hen. Auch wenn sich die Reparationsbedingungen hernach milderten und schlussendlich ganz aufgeho-ben wurden, konnten faschistische Kreise mit dem „ungerechten Versailler Diktat“ erfolgreich politisie-ren. Mit scharfen Reden tat sich insbesondere ein einstiger Gefreiter im Krieg hervor – Adolf Hitler. Aber auch unter den Siegern gab es Unzufriedene, wie zum Beispiel Italien. Die Italiener sprachen von einem „verstümmelten Sieg“, weil sie sich bei der Neuverteilung der Gebiete übergangen fühlten. Es war ihnen zum Beispiel nicht gelungen, die Adria zu einem italienischen Meer zu machen. Mit flammenden Reden gegen diesen schmachvollen Frieden gewann der Faschist Benito Mussolini grosse Popularität

 

Die Ziele der Entente-Mächte

Der US-Präsident Wilson wollte die Friedensverhandlungen auf der Basis seiner 14-Punkte führen. Ein wirklich dauerhafter Friede könne nur geschlossen werden, wenn die Besiegten keinerlei Strafaktionen wie Reparationszahlungen und erzwungene Gebietsabtretungen treffe. Vielmehr sollen die besiegten Mächte sich eine neue demokratische Verfassung zulegen. Sämtliche Völkerschaften, die noch unter der Herrschaft irgendwelcher Staaten wie z.B. Österreich leiden, sollen über ihren zukünftigen Status selber entscheiden können.
Der Friede in Europa solle nicht mehr aufgrund von irgendwelchen unsicheren Bündnissystemen, sondern durch eine internationale Organisation namens Völkerbund gewahrt werden. Hier können nach Ansicht Wilsons sämtliche Konflikte am Verhandlungstisch gelöst werden.

Präsident Clémenceau, genannt „der Tiger“, setzte sich die völlige Ausschaltung Deutschlands als europäische Macht und somit die zukünftige Sicherung Frankreichs vor eventuellen deutschen Angriffen zum geheimen Ziel. Damit verbunden war natürlich die Etablierung Frankreichs als Macht Nr.1 auf dem europäischen Kontinent.
Dieses Ziel liess sich nach seiner Ansicht nur erreichen, wenn Deutschland die Basis seiner volkswirtschaftlichen Grösse entzogen würde – die Kohlefelder Ruhrgebiet und Saarland. Wenn es möglich wäre, die so reichen Vorkommen des wichtigen Energieträgers Kohle für Frankreich zugänglich zu machen, könnte sich Frankreich volkswirtschaftlich über Deutschland erheben und wäre somit auch militärisch dem Erzfeind gewachsen.
Harte Reparationszahlungen haben nebenbei natürlich den hübschen Nebeneffekt, den katastrophalen Finanzhaushalt Frankreichs wieder ins Lot zu bringen.

Lloyd George, der Ministerpräsident Englands war bestrebt, Deutschland daran zu hindern, seine volkswirtschaftliche Maschinerie erneut für einen Krieg zu missbrauchen. Deutschland musste also klein gehalten werden. Dazu hegte er auch den Wunsch, soviel Reparationszahlungen wie möglich aus Deutschland herauszupressen, um den völlig zerrütteten Finanzhaushalt seines Landes wieder in Ordnung zu bringen. Den Wählern eine hohe Reparationszahlung zu versprechen, würde sich wohl auch ganz gut bei den zukünftigen Wahlen machen.

Auch der Ministerpräsident Orlando wollte dank deutschen Reparationszahlungen Italiens Finanzhaushalt sanieren. Gemäss dem geheimen Londoner Vertrag von 1915 sollte Italien neben dem Südtirol noch die dalmatische Küste erhalten. Daraus wurde aber nichts…

Das Resultat:

Wilson konnte sich mit seinen Ideen gegen Lloyd George und Clémenceau kaum durchsetzen, denn letztere waren zu sehr vom Gedanken beseelt, Deutschland als Machtfaktor auszuschalten und die finanzielle wie politische Lage des eigenen Landes zu konsolidieren. Das lag wohl auch daran, dass Wilson anders als George und Clémenceau über keine Mehrheit im eigenen Parlament besass.
Selbst mit seiner Idee des Völkerbundes hatte Wilson wenig Glück. Zuhause in den USA verweigerten die beiden Häuser die Ratifizierung des Völkerbundvertrages.
Die USA waren die eigentlichen Gewinner des Krieges, wenn bei einem solchen Gemetzel überhaupt von Gewinnern gesprochen werden darf. Die Vereinigten Staaten avancierten zur grössten Gläubigernation der Welt. England, Frankreich und Italien hatten riesige Kriegsschulden bei den USA angehäuft. Der Erste Weltkrieg markiert deshalb einen Wendepunkt: Der Untergang der Weltgeltung Englands und Frankreichs und die Begründung der Weltmachtstellung der USA.

Der Versailler Friedensvertrag verlangte vom besiegten Deutschland:

Reparationszahlungen:

269 Milliarden Goldmark samt Zinsen, Zahlung von Reparation auch in Form von Kohle, Stahl, Schiffen und Lokomotiven.
Die volkswirtschaftliche Aktivität Deutschlands wird durch Entzug von diesen wichtigen Rohstoffen und Verkehrsmittel stark beeinträchtigt. Der Ökonom John Maynard Keynes machte sich über diesen Entscheid lustig. Laut ihm müsse Deutschland einen Exportüberschuss erzielen, um die nötigen finanziellen Mittel zur Tilgung der 269 Milliarden Goldmark samt Zinsen zu erhalten. Doch wie soll dieser Exportüberschuss erzielt werden, wenn Deutschland volkswirtschaftlich die Luft abgedrückt wird.
Heeresstärke: 100’000 Mann, nur leichte Waffen (d.h. keine schweren Geschütze, keine Panzer, keine Flugzeuge).
Deutschland sollte damit daran gehindert werden, nochmals einen Krieg vom Zaun brechen. Doch darüber hinaus konnte sich Frankreich auch ungeniert an der Ruhrkohle bedienen, denn Deutschland vermochte sich mit der kleinen Heeresstärke kaum zu verteidigen. Darüber hinaus durfte sich Frankreich wieder als Macht Nr. 1 auf dem europäischen Festland fühlen.

Die Marine:

Die schweren Schlachtschiffe sind zu versenken; kaum nennenswerte leichte Verbände dürfen behalten werden.
England hatte damit wieder seine Vormachtstellung zur See gesichert, denn es war zu erwarten, dass sich Deutschland kaum nochmals zur Produktion einer ähnlich grossen Marine aufraffen konnte.

Gebietsabtretungen:

Die Gebietsabtretungen trafen Deutschland schwer. Damit verlor das Land einen grossen Teil seiner Kohle- und Eisenvorkommen.

Gebietsabtretung Deutschlands (Quelle: Matthias Küch)

[1] Der Streit dreht sich um die Expansionsbestrebungen Russlands, die dem Interesse Englands an einem sicheren Weg nach Indien zuwider liefen. So stiess Russland im 19. Jahrhundert Richtung Afghanistan, was England nicht tolerieren konnte. Auch versuchte Russland bei der Meerenge der Dardanellen (Zwischen Ägäis und Schwarzes Meer) einen eisfreien Hafen zu erobern, was für England den Weg nach Indien erschwert hätte. 

Übungen

Aufgabe 1

Aufgabe 2

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NACH OBEN

«Ceteris paribus» ist eine vereinfachte Annahme in wissenschaftlichen Modellen. Dabei werden die Auswirkungen der Veränderung einer Variablen unter Konstanz aller anderen beobachtet und gemessen.

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Eine Konsumsteuer wird vom Anbieter bezahlt. Dieser wird natürlich die Steuer auf den Konsumenten abwälzen. Entsprechend verschiebt sich die Angebotskurve.

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Der Begriff «Kartell» bezeichnet eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Firmen, welche zum Ziel hat, den Wettbewerb abzuschwächen resp. zu verhindern.

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Der französische Chirurg und Ökonom François Quesnay (1694 – 1774) - der Leibarzt von König Ludwig XV. - erkannte als erster, dass der Wohlstand eines Landes auf Erstellung und Konsum von Waren und Dienstleistungen beruht. Nicht der Goldhaufen in der Schatzkammer des Königs, sondern die Waren- und Dienstleistungsströme repräsentieren die Leistung und den Wohlstand einer Volkswirtschaft.

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Manche Branchen bedürfen staatlicher Unterstützung. Das Paradebeispiel in der Schweiz ist die Landwirtschaft. Gemäss Art. 104 und 104a BV (Bundesverfassung) sorgt der Bund dafür, dass die Schweizer Landwirtschaft die Ernährungssicherheit der Bevölkerung im ökologisch verträglichen Rahmen sicherstellt. Dabei unterstützt er die Landwirte mit Geldzahlungen – so genannten Direktzahlungen. Landwirte erhalten nur unter bestimmten Bedingungen (Grösse, ökologischer Anbau usw.) Direktzahlungen vom Staat.

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Die Zivilstandsverordnung (ZstV) Art. 24 definiert den Ledignamen wie folgt: „Als Ledigname einer Person wird der Name erfasst, den sie unmittelbar vor ihrer ersten Eheschliessung oder Begründung einer eingetragenen Partnerschaft geführt hat; oder gestützt auf einen Namensänderungsentscheid als neuen Ledignamen erworben hat.

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